Länder billigen Klimaschutzgesetz und rufen zu flankierenden Steuermaßnahmen den Vermittlungsausschuss zur grundlegenden Überarbeitung an – Länderkammer bringt Entlastungen für Angehörige Pflegebedürftiger sowie Rückführung des Soli auf den Weg – Verbesserungen für Forschung und Entwicklung – Stellungnahme zu Betriebsrentenentlastungen – Saarland-Initiative gegen Antisemitismus erhält breite Mehrheit.
– Saarland spricht sich für besseren Schutz von Kommunalpolitikern sowie für Gesundheitsdatenschutz und Stärkung der medizinischen Rehabilitation und Geburtshilfe aus
Die heutige (29.11.) Plenarsitzung des Bundesrates in Berlin war geprägt von zahlreichen Initiativen aus den Ländern und Gesetzentwürfen des Bundestages, sowie der Bundesregierung.
Einen Schwerpunkt bildete das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung, der erste Teil des umfassenden Klimaschutzpakets. Die Länderkammer billigte den Gesetzentwurf, mit dem Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent verringern möchte.
Flankiert werden soll das Bundes-Klimaschutzgesetz dabei von zahlreichen Klimasteuermaßnahmen wie der Änderung der Pendlerpauschale und dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Bahntickets. Der Bundesrat hatte hierzu im ersten Durchgang deutliche Kritik geäußert, da das Maßnahmenpaket die damit verbundenen Einnahmeausfälle der Länder unberücksichtigt lässt, während die Einnahmen des Bundes steigen. Er forderte deshalb eine Regelung, die den Verlust der Länder über die Umsatzsteuer kompensiert, zumal der Bund – anders als die Länder – mit zusätzlichen Einnahmen rechnen könne. Da der Bundestag diese Forderung nicht aufgegriffen hat, riefen die Länder heute zur grundlegenden Überarbeitung der Klimasteuermaßnahmen den Vermittlungsausschuss an.
Ministerpräsident Hans: „Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ist ein wichtiger, richtiger und überfälliger Schritt, damit Deutschland seine Klimaschutzziele einhalten kann. Die Länder tragen bereits mit einer Vielzahl von eigenen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele bei und unterstützen den Bund bei seinen Bemühungen. Klimaschutz ist eine übergreifende, gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, aber auch der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Dieses Miteinander muss sich auch in einer angemessenen finanziellen Lastenverteilung zwischen den Beteiligten wiederfinden. Daher kann und darf es nicht sein, dass das Klimaschutzprogramm des Bundes die Länder und Kommunen einerseits überobligatorisch belastet, und Einnahmen aus dem Programm ausschließlich beim Bund verbleiben sollen. Dieses Ungleichgewicht muss in den weiteren Gesprächen zwischen Bund und Ländern aufgelöst werden. Daher unterstütze ich die heutige Anrufung des Vermittlungsausschusses um eine lastengerechte Verteilung zu erzielen. Ich wünsche mir dabei eine zeitnahe Lösung, da den Ländern gerade an einer zügigen Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen gelegen ist“.
Neben dem Klimaschutzgesetz erreichten die Länderkammer zahlreiche weitere Vorhaben aus dem Bundestag. So stimmte der Bundesrat über das Jahressteuergesetz des Bundes ab und brachte zentrale Gesetzesbeschlüsse des Bundestages, unter anderem zur Förderung von Forschung und Entwicklung (Forschungszulagengesetz), zum Angehörigenentlastungsgesetz, sowie zur Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags auf den Weg.
Der Bundesrat machte mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags zudem den Weg frei für ein Entfallen des Soli für rund 90 Prozent der Steuerzahler ab dem Jahr 2021. Für den Ministerpräsidenten des Saarlandes kann dies jedoch nur ein Zwischenschritt sein: „Wir brauchen einen verbindlichen Pfad hin zur zeitnahen, vollständigen Abschaffung des Soli. Die Konjunkturprognosen stimmen nachdenklich. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen müssen wir vor diesem Hintergrund spürbare Entlastungen und Investitionsmöglichkeiten schaffen“, so Tobias Hans.
Mit dem Forschungszulagengesetz wird eine, sich an den Personalkosten orientierende, steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung eingeführt. Die Förderung soll für alle steuerpflichtige Unternehmen, unabhängig von deren Größe oder der Tätigkeit des jeweiligen Unternehmens gelten. Die Förderung umfasst die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung und die experimentelle Entwicklung.
Für Ministerpräsident Tobias Hans hat das Gesetz, gerade aus saarländischem Blickwinkel, die richtige Zielrichtung:
„Ich bin sehr froh, dass es uns im Gesetzgebungsverfahren gelungen ist, im Forschungszulagengesetz Begünstigungen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zu erzielen. Das ist mit Blick auf unsere Forschungsstruktur im Saarland ein großer Erfolg und ein weiterer Faktor zur Stärkung und Weiterentwicklung des Forschungs-, Entwicklungs- und Wissenschaftsstandorts Saarland“.
Ziel des Angehörigenentlastungsgesetzes ist es wiederum, dass zukünftig Sozialhilfeträger auf das Einkommen der Kinder pflegebedürftiger Eltern erst ab einem Bruttojahreseinkommen von über 100.000 € zugreifen dürfen.
Nachdem sich das Bundeskabinett unlängst auf eine Entlastung der Betriebsrenten geeinigt hat, nahm auch der Bundesrat zum Vorhaben Stellung. Die Bundesregierung plant, ab Januar 2020 einen dynamischen Freibetrag für Einkommen aus der betrieblichen Altersversorgung einzuführen. Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung würden dann erst ab einer Betriebsrente von 160 Euro anfallen. Nach Einschätzung der Bundesregierung summiert sich die Entlastung auf rund 1,2 Milliarden Euro, etwa vier Millionen Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner könnten davon profitieren.
Tobias Hans: „Die Freibetragslösung bei den Betriebsrenten ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung des Vertrauens in die betriebliche Altersvorsorge. Das Problem der Doppelverbeitragung wird dadurch erheblich abgemildert und gerade Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Betriebsrenten profitieren erheblich. Ich freue mich sehr, dass wir so das 3-Säulen-Modell der Alterssicherung auf eine gute und verlässliche Basis stellen können“.
Auch aus den Länder wurden zahlreiche Vorhaben beraten. Eine Initiative des Saarlandes und weiterer Länder zur gezielteren Ahndung antisemitischer Straftaten fand dabei eine breite Mehrheit. Durch eine Änderung des Strafgesetzbuchs sollen antisemitische Beweggründe und Ziele als strafschärfende Tatmotivationen ins Gesetz aufgenommen werden und bei der Strafzumessung besondere Berücksichtigung finden. Nach Einschätzung von Ministerpräsident Tobias Hans ein überfälliger Schritt:
„Antisemitismus betrifft uns alle, denn er richtet sich nicht nur gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, sondern gegen unsere gesamte freiheitlich demokratische Gesellschaft. Hier muss der Rechtsstaat ein klares Zeichen gegen Hass und Diskriminierung setzen und Flagge zeigen. Auch die von der Ministerpräsidentenkonferenz eingesetzte Bund-Länder-Kommission der Antisemitismus-Beauftragten hat unlängst eine rasche Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen empfohlen. Ich bin daher sehr froh, dass der Bundesrat mit dem heutigen Beschluss dem Bundesgesetzgeber einen konkreten Vorschlag an die Hand gegeben hat“, so Hans.
Mit den Stimmen des Saarlandes beschloss der Bundesrat zudem einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz von Kommunalpolitikern und ehrenamtlich engagierten Personen vor Hass und Verleumdung im Internet und den Sozialen Medien. Demnach sollen die Strafverfolgungsbehörden Hetze gegen alle im politischen Leben stehende Personen verfolgen – unabhängig davon, ob sie kommunal, regional, bundes- oder europaweit tätig sind. Hierfür soll es keines gesonderten Strafantrags mehr bedürfen.
„Insbesondere die Kommunalpolitik lebt vom großartigen, vielfach ehrenamtlichen Engagement unser Mitbürgerinnen und Mitbürger. Daher ist es Aufgabe und Pflicht des wehrhaften Rechtsstaats diese Personengruppen besser und effektiver gegen Hass, Beleidigung und Bedrohung gerade auch im Internet zu schützen. Nicht zuletzt der Mord an Walter Lübcke muss uns allen klargemacht haben, dass der Staat hier eine Null-Toleranz-Politik fahren und entschieden vorgehen muss. Nur so schaffen wir Vertrauen in den Rechtsstaat und ermutigen auch in Zukunft zur aktiven Teilnahme am politischen Leben in unserem Land“, so Tobias Hans.
Das Saarland unterstütze ebenfalls eine Entschließung, mit welcher der Bundesgesetzgeber aufgefordert werden soll, die medizinische Rehabilitation zu stärken. Dabei sollen insbesondere die Vorsorge- und Rehaeinrichtungen als wichtige Standortfaktoren in den Ländern, zur Integration von erkrankten Menschen in Beruf und Gesellschaft, mit einem Maßnahmenbündel nachhaltig gestärkt werden.
Eine Mitantragstellung des Saarlandes zielt darüber hinaus auf einen besseren Schutz von hochsensiblen Gesundheitsdaten ab. Die großen Chancen von digitalen Gesundheitsanwendungen sollen dabei zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Einklang mit dem Schutz personenbezogener Daten gebracht werden. Insbesondere sogenannten Self-Tracking-Tarifen der Krankenkassen soll nach Vorstellung der Länder mit Blick auf die Verhinderung der Kommerzialisierung hochsensibler Daten entgegengetreten werden.
Ein weiteres Vorhaben, das mit den Stimmen des Saarlandes eine Mehrheit im Länderkreis fand, ist die Aufforderung an die Bundesregierung, Verbesserungen im Bereich der Geburtshilfe vor Ort herbeizuführen. Die Initiative zielt dabei auf bessere Arbeitsbedingungen und Personalausstattung ab.
„Sowohl Hebammen als auch Gynäkologinnen und Gynäkologen leisten einen wichtigen Beitrag für die medizinische Versorgung von Schwangeren, jungen Müttern und Neugeborenen. Daher brauchen wir eine gute Versorgung vor Ort. Um diese auch zukünftig zu gewährleisten muss das Berufsfeld der Geburtshilfe attraktiv bleiben. Das sind wir werdenden Müttern und Kindern schuldig“, so Ministerpräsident Hans.
Die letzte Plenarsitzung des Bundesrates in diesem Jahr findet am 20. Dezember 2019 statt.