StartFeaturePolitiklabor Saarland: Grüner Schimmel auf schwarzem Filz!

Politiklabor Saarland: Grüner Schimmel auf schwarzem Filz!

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Das Saarland galt früher als beliebter Testmarkt, weil sich Marktstudien wie in einem Reagenzglas oder auf einer Petrischale kostengünstig und dennoch aussagekräftig durchführen ließen. Derzeit lässt sich hier grüne Politik unter Laborbedingungen studieren.

Was tut sich im Biotop der Saar-Grünen? Hubert Ulrich lässt seinen Ortsverband am 16. Mai 2021 zur Versammlung antanzen. Es werden die Delegierten und Ersatzdelegierten für die Aufstellung der Landesliste zur Bundestagswahl im Rahmen des Parteitags der Saar-Grünen am 20. Juni gewählt. Die sollen Ulrich selbstverständlich gewogen sein. Kurz: Ulrich plant die Rückkehr in die Landes- oder Bundespolitik und lässt wählen.

Corona-bedingt fand das Meeting in einem Parkhaus statt, mit handverlesener Versammlungsleitung und zunächst unter Ausschluss der Medien – angeblich der Pandemie geschuldet. Kurz nach dem Internationalen Tag der Pressefreiheit gewährte man erst nach Einwirken des Ordnungsamts den Medien Einlass zu einem Zeitpunkt, da alle wesentlichen Tagesordnungspunkte erledigt waren. Die Presse durfte nur noch die Stimmenauszählung verfolgen. Wenn Autokraten oder die AfD so verfahren, ist man empört. Warum geht aber bei den Grünen sowas schmerzfrei durch?

Dabei ist Hubert Ulrichs Ortsverband geschichtsnotorisch. Er allein stellt mehr als ein Drittel aller Delegierten der Saargrünen, was schon früher (andernorts!) für Verwunderung sorgte: Zu Zeiten, als Ulrichs Kreisverband die Hälfte aller Grünen an der Saar ausmachte (2009), meinte Daniel Cohn-Bendit in der TAZ: „Saarlands Grünen-Chef Hubert Ulrich halte ich seit langem für eine zweifelhafte Persönlichkeit. Er ist ein Mafioso.“ Nachdem die Jamaika-Koalition im Land, eingefädelt von Ulrich mit Hilfe seines FDP-Sponsors Hartmut Ostermann, geführt vom derzeitigen Verfassungsrichter Peter Müller, durch dessen Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer abgeräumt wurde, zog sich Ulrich zurück. Der lukrative Fraktionsvorsitz im Landtag war mangels Fraktion ohnehin futsch. Nun, da wieder etwas zu holen scheint, plant Ulrich offensichtlich ein Comeback.

Die Jamaika-Regierung war ein Tiefpunkt saarländischer Politikgeschichte. Spätere Generationen können die Hintergründe nachlesen im Buch des Journalisten Wilfried Voigt: „Die Jamaika Clique – Machtspiele an der Saar“ (Wilfried Voigt – Die Jamaika Clique – Conte Verlag (conte-verlag.de)). Es ist nicht bekannt, dass die Saar-Grünen dieses demokratiepolitische Desaster je aufgearbeitet hätten.

Auch in der Landeshauptstadt Saarbrücken lässt sich grüne Politik aktuell unter Laborbedingungen studieren: Man befindet sich auch dort in einer „Jamaika-Koalition“ und will die Leitung des Kulturdezernats mit einem grünen Kandidaten besetzen: Thorsten Reif, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat. Damit der Bankkaufmann dafür in Frage kommt, wurde bei der Ausschreibung der hochdotierten Stelle auf fachspezifische Anforderungen verzichtet. Immerhin wollen ein paar grüne Dissidenten die formale Korrektheit des Ausschreibungsverfahrens durch die (CDU-geführte) Kommunalaufsicht prüfen lassen. Ein Akt versuchter Selbstverstümmelung?

Dem CDU-OB der Landeshauptstadt, Uwe Conradt, dürfte der Text der Ausschreibung nicht ganz locker von der Hand gegangen sein. Aber „pacta sunt servanda“ und was soll’s: Auch der Ministerpräsident des Saarlandes hatte ja – außer Parteipatronage und Herkunft – keine berufliche Qualifikation vorzuweisen, als er von Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolger installiert wurde. So verfestigt sich der an der Saar seit über 20 Jahren wuchernde schwarze Filz und erhält vielleicht auch nach der Landtagswahl 2022 landesweit ein grünes Mäntelchen, das sich bei genauer Betrachtung als Schimmel erweist.

Sepp Korn

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