Saarbrücken Saarlouis (ots) – Saarbrücken. Parallel zu den wieder aufgenommenen strafrechtlichen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft wurde im August 2020 durch Landespolizeipräsident Rupp die Arbeitsgruppe (AG) „Causa“ eingerichtet. Diese wurde be-auftragt, die Sachbearbeitung und das Berichtswesen vor rund 30 Jahren einer intensiven Prüfung zu unterziehen, um festzustellen, ob gegebenenfalls auch Versäumnisse der Polizei zur Nichtaufklärung der Tat beigetragen haben. Zwischenzeitlich hat die Arbeitsgruppe die vorliegenden Akten und Unterlagen gesichtet und erste Einschätzungen vorgenommen.
Am 19. September 1991 kam es gegen 03:30 Uhr in einer Asylbewerberunterkunft in Saarlouis (Fraulautern) zu einem Brandanschlag, bei dem der damals 27-jährige ghanaische Staatsangehörige Samuel Kofi Yeboah ums Leben kam. Nachdem neue Erkenntnisse zu einer Wiederaufnahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt führten, hatte das Landespolizeipräsidium im August 2020 eine mit 23 Ermittlerinnen und Ermittlern besetzte Mordkommission eingerichtet. Zwischenzeitlich wurde durch den Bundesgerichtshof ein Haftbefehl erlassen, der heute Morgen (04.04.2022) durch Einsatzkräfte des Landespolizeipräsidiums Saarland vollstreckt wurde (siehe Pressemitteilung Nr. 18 der Bundesanwaltschaft vom 04.04.2022).
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft sind nach wie vor noch nicht abgeschlossen, weshalb bisher keine Beamtinnen und Beamte oder sonstige Auskunftspersonen, die an dem damaligen Ermittlungsverfahren beteiligt waren, durch die AG „Causa“ befragt wurden. Die Auswertungen der AG „Causa“ haben davon unabhängig Defizite und Schwachstellen identifiziert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurden interne Maßnahmen im Landespolizeipräsidium umgesetzt, die z. B. zur professionellen Bearbeitung von sogenannten „Cold Cases“ führten.
Nach bisherigen Feststellungen der AG „Causa“ hat die saarländische Polizei in der damaligen Organisationsstruktur, zum Beispiel in der dezentralen Bearbeitung von Tötungsdelikten, in Teilen nicht richtig funktioniert. Es wurden Defizite etwa bei der, Erhebung, Bewertung und Weitergabe von Informationen festgestellt. Das Landespolizeipräsidium arbeitet diese Versäumnisse derzeit intensiv auf. Die damaligen Sachbearbeitungsabläufe sind aber bereits jetzt nicht mehr mit den heutigen Bearbeitungsstandards zu vergleichen: Heute wird in Ermittlungen mindestens das „Vier-Augen-Prinzip“ angelegt und es gibt weitere Qualitätskontrollmechanismen wie z. B. die Betrachtungsweise unter verschiedenen kriminalistischen Gesichtspunkten.
Durch verschiedene Änderungen in der Struktur der saarländischen Polizei wurden einige Schwachstellen bereits im Rahmen zurückliegender Organisationsfortschreibungen behoben. So werden beispielsweise Tötungsdelikte im Landespolizeipräsidium zentral bearbeitet. Außerdem werden seit Dezember 2020 sogenannte „Cold Cases“ im Landespolizeipräsidium in enger Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken von Dienststellen bearbeitet, die nicht mit der ursprünglichen Sachbearbeitung betraut waren. Auf diese Art und Weise soll eine unvoreingenommene und strukturierte erneute Prüfung von Spuren und Hinweisen ermöglicht wer-den, um neue Blickwinkel und Ermittlungsansätze zur Klärung von ungeklärten Tötungsdelikten zu gewinnen. Die Arbeit der AG „Causa“ wird auch nach Abschluss der Ermittlungen der Bundes-anwalt fortgeführt.
Landespolizeipräsident Norbert Rupp: „Ich bin erleichtert, dass diese schreckliche Tat, nach über 30 Jahren, endlich aufgeklärt scheint. Unsere Arbeit ist damit jedoch noch nicht abgeschlossen. Die AG „Causa“ setzt die interne Aufarbeitung fort und wird diese in Abhängigkeit zum laufenden Verfahren der Bundesanwaltschaft auch zum Abschluss bringen. Ich entschuldige mich im Namen des Landespolizeipräsidiums dafür, dass offensichtlich auch Defizite in der damaligen Polizeiarbeit zur Einstellung der Ermittlungen geführt haben. So etwas darf sich nicht wiederholen, dazu haben wir, wie dargestellt, Qualitätsstandards eingeführt.“
Quelle: Landespolizeipräsidium Saarland