Nach monatelangen Verhandlungen und Beratungen hat der Bundestag am 3. Juli 2024 den gesetzlichen Anspruch auf die Installation von Balkonkraftwerken für Wohnungseigentümer und Mieter beschlossen. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP einigten sich auf eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, die keine Änderungen zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom September 2023 vorsieht. Am Donnerstag soll die Empfehlung offiziell verabschiedet werden.
Das neue Gesetz sieht vor, dass Steckersolargeräte sowohl im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) als auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) privilegiert werden. Dies bedeutet, dass Wohnungseigentümer und Mieter das Recht auf Installation von Balkonkraftwerken haben, ähnlich wie es seit 2020 bei Wallboxen für Elektroautos der Fall ist.
Experten fordern mehr Rechtsklarheit
In einer Anhörung des Bundestags im Februar 2024 forderten Experten eine generelle Ausweitung des Anspruchs auf gemeinschaftliche Photovoltaikanlagen und mehr rechtliche Klarheit. Der Deutsche Mieterbund betonte die Notwendigkeit, Kriterien für die praktische Umsetzung des Erlaubnisanspruchs näher zu bestimmen, um Streitigkeiten zu vermeiden. Insbesondere sollte klargestellt werden, dass ein Anspruch auf Installation an Orten mit direkter Sonneneinstrahlung besteht.
Keine weiteren Präzisierungen erforderlich
Die Koalition entschied jedoch, den Gesetzentwurf nicht weiter zu ergänzen. Laut der Beschlussempfehlung des Justizausschusses darf der Anspruch auf die Installation von Steckersolargeräten nicht durch überzogene Vorgaben untergraben werden. Zu weitreichende Vorgaben könnten die Installation verhindern. Es bleibt jedoch unklar, inwieweit Vorgaben zur Farbe oder zum Neigungswinkel der Module gemacht werden dürfen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Februar 2024 besagt, dass ein Anspruch auf privilegierte Maßnahmen besteht, wenn die bauliche Veränderung einem gesetzlich privilegierten Zweck dient.
Sichtbar installierte Balkonkraftwerke fallen ebenfalls unter die Privilegierung und dürfen auch auf Terrassen und Grünflächen installiert werden. Selbst bei mehreren installierten Geräten liegt keine grundlegende Umgestaltung der Immobilie vor. Der Ausschuss sieht die Installation von Balkonkraftwerken als bauliche Veränderung an, auch wenn diese nur mit Schellen am Geländer befestigt werden. Optische Veränderungen werden in der juristischen Literatur als bauliche Veränderungen bewertet.
Keine Regelung zur Einschränkung eventueller Rückbauansprüche
Eine Regelung zur Einschränkung eventueller Rückbauansprüche der Vermieter ist nicht erforderlich. Mieter müssen Steckersolargeräte bei Auszug wie andere elektrische Geräte mitnehmen. Der Rückbau von neu installierten Balkonsteckdosen kann jedoch nicht verlangt werden. Eine Privilegierung von Dach-Photovoltaikanlagen ist vorerst nicht erforderlich. Änderungen im Solarpaket I sollen praktische Schwierigkeiten beim gemeinsamen Betrieb von Photovoltaikanlagen beseitigen und Wohnungseigentümergemeinschaften zur Installation solcher Anlagen motivieren. Sollte diese Erwartung nicht erfüllt werden, könnte bei der Evaluierung der WEG-Reform von 2020 geprüft werden, ob eine Privilegierung von Dach-Photovoltaikanlagen notwendig ist.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert das Gesetz
Obwohl die Gesetzesänderung von vielen positiv aufgenommen wird, gibt es auch kritische Stimmen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezeichnete das neue Gesetz als nicht ambitioniert genug und verbesserungswürdig. Laut DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz fehlt weiterhin ein konkreter Kriterienkatalog für die Installation von Balkonkraftwerken. Zudem gibt es bisher keine klare gesetzliche Regelung für größere Solaranlagen und Speicher. Metz fordert die Regierung daher auf, noch in dieser Legislaturperiode weitere Vereinfachungen umzusetzen.
Boom bei Balkonkraftwerken hält weiter an
Die Nachfrage nach Balkonkraftwerken bleibt trotz fehlender Gesetzesänderungen hoch. Laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur wurden seit April 2024 über 150.000 neue Steckersolargeräte installiert, was die Gesamtzahl auf knapp 563.000 erhöht. Die installierten Module haben eine Spitzenleistung von fast 500 Megawatt und eine Bruttoeinspeiseleistung von 715 Megawatt. Einige Nutzer geben ihre Balkonkraftwerke jedoch falsch mit 800 Kilowatt statt 800 Watt an.
Bereits im April 2024 erleichterte der Bundestag die Anmeldung von Balkonkraftwerken. Seit Mai dürfen Wechselrichter bis zu 800 Watt einspeisen. Eine neue VDE-Produktnorm soll bis Ende 2024 weitere Rahmenbedingungen klären.