Prof. Dr. Sven Gottschling ist ein renommierter Experte in Sachen Palliativmedizin. Seit dem Jahr 2000 arbeitet er an der Universitätsklinik in Homburg und hat sich in vielen Veröffentlichungen wie z.B. Leben bis zuletzt intensiv mit der Thematik befasst. Nun ist er mit einer klaren Vision für das Saarland als Vorreiter bei der Cannabis-Einführung an die Öffentlichkeit getreten.
Warum die Legalisierung von Cannabis aus medizinischer Sicht wichtig ist
Für die Behandlung von Schmerzen gibt es eine überschaubare Anzahl von Medikamenten, die teilweise heftige Nebenwirkungen mit sich bringen. So ist bekannt, dass ibuprofen bspw. die Nieren angreift. Ab dem Überschreiten einer gewissen Gesamtlebenszeitmenge droht die Dialyse. Ähnlich verhält es sich mit Paracetamol, nur dass hier die Leber angegriffen wird. Diese Medikamente können also nur zur kurzzeitig bei akuten Schmerzen verwendet werden und kommen für Patienten mit dauerhaften Schmerzen nicht in Betracht. Opioide wie Morphium zeigen geringere Nebenwirkungen, werden jedoch mit längerer Anwendung von den Rezeptoren im Körper schlechter angenommen, so dass die Dosis gesteigert werden muss. Diese Problematik stellt sich bei den Cannabioiden nicht ein. Cannabis gilt allgemein als sehr gut verträglich und auch hoch dosierbar, ohne dass gravierende Nebenwirkungen eintreten. Deshalb werden Cannabioide in vielen Anwendungsgebieten eingesetzt, nicht nur bei Schmerzen und Spastiken, sondern auch Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie.
Komplizierte Verschreibung
Obwohl die positiven Wirkungen der Cannabispflanze wissenschaftlich tiefgreifend erforscht sind, stellt die Verschreibung eines entsprechenden Medikamentes Ärzte vor Herausforderungen. Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, die nicht mit den üblichen Therapien behandelt werden kann und es muss anhand von ähnlichen Fällen nachgewiesen werden, dass der Einsatz von Cannabis erfolgversprechend sein kann. Viele Menschen, deren Schmerzen durch die Einnahme von Cannabis gelindert werden können, werden so auf den Schwarzmarkt gedrängt, wo keine kontrollierte Qualität erworben werden kann. Das möchte Prof. Gottschling ändern.
Das Gottschling-Modell
Das Modell sieht vor, im Saarland fünf spezialisierte Fachgeschäfte zu eröffnen, die Cannabis verkaufen. Dort sollen hochqualifizierte Mitarbeiter Kunden und Patienten mit echten gesundheitlichen Beschwerden beraten. Diese Beratung sollte durch ein enges Netzwerk aus Ärzten gestützt sein, um eine fundierte medizinische Einschätzung und Anleitung zu bieten und Menschen mit bspw. starker Suchtproblematik entsprechend weiterhelfen bzw. sie weiterleiten zu können. Die Prävention steht im Mittelpunkt von Gottschlings Vision. Sein Modell sieht vor, eng mit den Drogenbeauftragten zusammenzuarbeiten und gleichzeitig präventive Programme in Schulen zu etablieren.
Das Modell biete ferner die Gelegenheit, wertvolle wissenschaftliche Daten zu gewinnen. Gottschling schlägt vor, Studien zur Verkehrstauglichkeit im Kontext von Cannabis-Konsum durchzuführen. Dies würde dazu beitragen, sicherzustellen, dass sowohl die Sicherheit als auch das Wissen um die Auswirkungen von Cannabis weiterentwickelt werden.
Für den Schmerztherapeuten ist es essentiell, dass Patienten ein qualitativ hochwertiges Produkt erhalten. Er stellt sich vor, dass die dem Modellprojekt verbundenen Geschäfte von in Deutschland produzierenden Firmen beliefert werden und Patienten dadurch eine klar definierte Ware oder ein Medikament erhalten. Dabei sollten sie nicht nur fundierte Informationen zum Produkt, sondern auch entsprechende ärztliche Ansprechpartner bekommen. Die Umsetzung könne kurzfristig gelingen. Innerhalb von drei Monaten könnte man das Projekt zum Laufen bringen. Dazu benötige man natürlich die entsprechende politische Unterstützung.
Großteil des Schwarzmarktes würde eliminiert werden
Die sollte eigentlich gegeben sein, denn Prof. Gottschling ist überzeugt, dass sein Modell dazu beitragen könnte, einen erheblichen Teil des Schwarzmarktes zu eliminieren. Er argumentiert, dass ein regulierter, sicherer Konsum für alle gewährleistet wäre. Dabei geht er nicht davon aus, dass der Konsum durch die Legalisierung signifikant ansteigen würde. Basierend auf Erfahrungen aus anderen Ländern erwartet er lediglich einen kurzfristigen Anstieg, gefolgt von einer Stabilisierung.
Der Experte sieht auch erhebliche Vorteile für die Region: Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn würde die Cannabis-Regulierung auch die Prävention und den Jugendschutz stärken. Zudem könnten Steuereinnahmen generiert und gut qualifizierte Fachkräfte ins Saarland gezogen werden.
Insgesamt stellt Prof. Dr. Sven Gottschling mit seiner Vision ein ganzheitliches Modell vor, das sowohl den gesundheitlichen als auch den wirtschaftlichen Aspekten gerecht wird und das Saarland in eine Vorreiterrolle in Deutschland bringen könnte.