Die Inszenierung geriet pompös. Wer sich beispielsweise an den Auftritt von Merz-Vorgänger als Kanzlerkandidat, Armin Laschet, vor drei Jahren in St. Wendel erinnert, der merkt, dass die CDU diesen Wahlkampf mit weit größeren Zutrauen betreibt. Nicht ohne Grund, denn trotz des Wirbels um die Zustimmung der AfD zur ersten Lesung des Zuzugsbegrenzungsgesetzes, liegt die CDU meilenweit vor dem demokratischen Wettbewerb. Das ausgestrahlte Selbstbewusstsein ist also keine Attitüde, sondern entstammt der sicheren Erwartung, den kommenden Kanzler zu stellen.
Gut 1000 Zuschauer wollten den Mann aus dem Sauerland mit den besonderen Beziehungen zum Saarland sehen. Dabei auch viel Politikprominenz, natürlich prioritär aus den Reihen der Christdemokraten. Neben dem St. Ingberter Oberbürgermeister Dr. Ulli Meyer waren auch der saarländische CDU-Landesvorsitzende Stephan Toscani, Generalsekretär Frank Wagner sowie die Bundestagskandidatinnen Yvonne Brück, Markus Uhl, Roland Theis anwesend.
Merz hob in seiner Rede hervor, dass Deutschland unter der Ampel-Koalition wirtschaftlich abgerutscht sei. Er verwies auf drei Millionen Arbeitslose, 400.000 verlorene Industriearbeitsplätze und eine Inflation, die höher sei als in vielen anderen Ländern der EU. Die Regierung sei für eine schleichende Deindustrialisierung verantwortlich. „Wir haben überall Arbeitskräftebedarf, aber gleichzeitig drei Millionen Arbeitslose und 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger, von denen 1,7 Millionen arbeitsfähig sind“, kritisierte Merz. Er forderte eine Reform des Bürgergeldes und Steuererleichterungen für Unternehmen.
Ein weiteres zentrales Thema war die Rolle Deutschlands in der EU. Merz sprach sich gegen eine Überregulierung aus Brüssel aus und kritisierte, dass Deutschland im internationalen Vergleich zu viele Gesetze und Vorschriften erlasse. Er warnte zudem vor wirtschaftlichen Spannungen mit den USA unter der neuen Präsidentschaft von Donald Trump. „Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die sich in Brüssel und weltweit Gehör verschafft“, so Merz.
Mit Blick auf Zukunftstechnologien forderte Merz eine Stärkung von Forschung und Entwicklung, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz. Deutschland müsse sich stärker auf die Nutzung von Daten konzentrieren, anstatt sich durch überzogene Datenschutzbestimmungen selbst zu blockieren. Zudem kritisierte er den Ausstieg aus der Kernenergie und plädierte für eine verlässliche Energieversorgung durch moderne Gaskraftwerke.
Merz sprach sich gegen ein Absinken der Arbeitsmoral aus und kritisierte Modelle wie die Vier-Tage-Woche. „Mit Work-Life-Balance allein können wir den Wohlstand unseres Landes nicht erhalten“, erklärte er. Stattdessen brauche es Anreize für längeres Arbeiten im Rentenalter. Dazu schlug er eine Verdoppelung des steuerfreien Grundfreibetrags für Rentner vor.
Immer wieder griff Merz die aktuelle Bundesregierung scharf an. Er kritisierte die Migrationspolitik, die seiner Meinung nach dringend einer Reform bedarf. Zudem warf er SPD und Grünen vor, ideologiegetriebene Politik zu betreiben, anstatt wirtschaftliche Vernunft walten zu lassen.
Die Wahlkampfveranstaltung verlief trotz zweier Gegenveranstaltungen ohne größere Störungen. Gegen 16:30 Uhr demonstrierten rund 350 Personen der Gruppe „Omas for Future“ unter dem Motto „Keine Zusammenarbeit mit rechts außen“ in unmittelbarer Nähe zur Stadthalle. Gleichzeitig versammelten sich etwa 60 Personen unter dem Motto „Gegen die Brandmauer – Für Freiheit und Demokratie“. Beide Versammlungen waren angemeldet, jedoch mit einer höheren Teilnehmerzahl erwartet worden. Während der Versammlung der „Omas for Future“ trugen einige Personen Coronamasken, durften aber nach deren Abnahme weiter teilnehmen. Nach der offiziellen Beendigung der Demonstration um 18 Uhr kam es zu Provokationen zwischen Gruppen auf dem Marktplatz, die durch Polizeikräfte unterbunden wurden.
Zum Abschluss seiner Rede rief Merz dazu auf, am 23. Februar für einen Politikwechsel zu stimmen. „Deutschland braucht eine Regierung, die wirtschaftlichen Sachverstand und klare Führung zeigt“, erklärte er. Die Stimmung in der Halle war kämpferisch, der Applaus groß.