Saarländisches Modell der Drogenhilfe sieht vernetzte Angebote für Familien vor. Es bedarf neuer Schutzräume für Arbeit, Leben und Wohnen.
„Meine Zukunftsvision im Saarland ist ein vernetztes Zentrum der Versorgung für alle Suchtkranke in der Stadt Saarbrücken. Wir brauchen ein „Haus der Familie“ mit eigenen Angeboten, eine eingebundene Selbsthilfe und kurze Kommunikationswege. Die Beratung weniger schwerer Fälle und vor allem die Suchtprävention brauchen mindestens so viele Anstrengungen wie die Schwerstabhängigkeit, um ein Nachwachsen der Szenen zu begrenzen oder ganz zu verhindern“, erklärte Staatssekretär Stephan Kolling beim Treffen der Drogenbeauftragten der Länder in Berlin.
Auf Einladung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler, fand die Tagung unter dem Motto „Stadt Land Sucht: Wer übernimmt die Verantwortung“ in Berlin statt.
Das Gutachten des Instituts für Therapieforschung (IFT) München hat Versorgungslücken aufgezeigt und Vorschläge gemacht: Es fehlt an der Versorgung von Gruppen mit besonderen Bedarfen, vor allem Frauen und Kinder suchtkranker Eltern brauchen passende Hilfsangebote. Es wurden Versorgungslücken in der Substitution aufgezeigt. Zudem mangelt es an akzeptierten Aufenthaltsorten. Verbessert werden muss die Vernetzung aller Akteure im Bereich der Drogenberatung. Daher soll eine Art „Task Force“ in der Stadt entstehen. Mit einem „Haus der Familie“ soll eine geschützte Anlaufstelle entstehen. Geplant ist die Wiederaufnahme des Programms „Therapie sofort“. Falls Substitution im bestehenden Rahmen nicht gesichert werden kann, soll der Aufbau einer Substitutionsambulanz bei einem großen Krankenhausträger, szenenah und gut erreichbar, forciert werden.
„Wir verzeichnen eine im Verhältnis zu den früheren Jahren hohe Zahl an Drogentoten. Hinzu kommt ein Wiederaufkommen offener Szenen“, erklärte Kolling. Die Ursachenforschung habe gezeigt, dass die Entwicklung im Saarland durchaus vergleichbar sei mit den Entwicklungen in Europa und in Deutschland: Konsum neuer psychoaktiver Substanzen auch von synthetischen Opioiden, die Rückkehr von Heroin, neue Möglichkeiten des Handels über das Internet (Darknet), aber auch die generelle Verschärfung von Problemlagen spielten eine Rolle.
„Wir müssen alle Angebote auf den Prüfstand stellen“, so Kolling. „Auffallend ist, dass unter den Suchtkranken viele Frauen, Schwangere und Familien sind. Hier müssen wir neue Hilfsangebote speziell für Frauen und Kinder drogenabhängiger Eltern schaffen.“
Erste Erfolge konnten bereits verzeichnet werden. So wurden das Naloxonprojekt sowie die Änderung der Komsumraumverordnung umgesetzt, Finanzierungsgrundlagen erarbeitet. „Aufenthaltsorte für Abhängige müssen so gestaltet werden, dass verschiedene Gruppen gerne dorthin kommen. Dieser Ort muss zentral sein. Es wird eine große Herausforderung sein, den Platz und die Akzeptanz dafür zu finden“, erklärte Stephan Kolling. Die Neuausrichtung in der Drogenpolitik soll vor allem die Vernetzung und Kooperation aller Partner forcieren. „Wir müssen mit den Akteuren der Suchthilfe sprechen und die Angebote den neuen Gegebenheiten anpassen“, erklärte Kolling abschließend.