Verstöße wurden festgestellt, Anzeige wurde erstattet, es ist aber noch kein materieller Schaden
Homburg ist als drittgrößte Stadt des Saarlandes ein im Saarland bedeutender Industrie- und Wirtschaftsstandort, der in Bezug auf die Arbeitsplatzdichte deutschlandweit eine Spitzenposition belegt. Zur Sicherung und Weiterentwicklung sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze ist es für die Stadt Homburg bedeutend, weitere Gewerbegebiete zu erschließen.
Neben dem saarlandweit bedeutenden Gewerbegebiet G9 / Am Zunderbaum, stellt das Gewerbegebiet G11 einen weiteren Baustein in der Zukunft gerichteten Ansiedlungspolitik der Stadt Homburg dar.
Der ständige Vergabeausschuss hat in seiner Sitzung am 1. Februar 2017, der Stadtrat in seiner Sitzung am 27. April 2017 die Erschließung des Gewerbegebietes G11 „Westlich der Remise“ beschlossen. Die Erschließungsmaßnahme war zu einem Gesamtvolumen von rund 1,1 Millionen Euro an eine Baufirma vergeben worden.
Im November 2018 ist bei der Stadt Homburg eine Schlussrechnung über die Baumaßnahme eingegangen. Diese Schlussrechnung schloss einschließlich mehrerer Nachträge mit einer Endsumme von etwa 1,6 Millionen Euro. Daraufhin wurde intern recherchiert, wie es zu den Mehrkosten in Höhe von rund 500.000 Euro kommen konnte. Dabei ist aufgefallen, dass die Straße entgegen des beschlossenen Bebauungsplans im Vorstufenausbau um ca. 130 Meter länger ausgeführt wurde. Diese Verlängerung ist vom bestehenden Beschluss des Stadtrates nicht erfasst und wurde den Gremien vor Bauausführung auch nicht zur Beschlussfassung vorgelegt.
Da ab Mai 2019 nicht mehr ausgeschlossen werden konnte, dass Rechtsverstöße durch am Verfahren Beteiligte vorliegen, wurde der Sachverhalt Anfang Juli 2019 an einen externen Rechtsanwalt zur Begutachtung übergeben. Dieser kam im Februar 2020 zu dem Ergebnis, dass die Dokumentation und Aktenführung teilweise lückenhaft ist. Es wurden Verstöße gegen interne Regelungen, das Vergaberecht sowie gegen das Kommunalrecht festgestellt. Anhaltspunkte für einen Schaden der Stadt Homburg oder strafrechtlich relevantes Handeln von Bediensteten haben sich jedoch laut Gutachten nicht ergeben.
Im weiteren Ergebnis empfiehlt der Gutachter die Überprüfung der Abläufe aus verwaltungsorganisatorischer Sicht. Insbesondere sollte hierbei das Augenmerk auf die internen Kontrollstrukturen sowie das Controlling gelegt werden.
Dieser Sachverhalt sollte in der Folge den Gremien zur Kenntnis gebracht werden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden Gremiensitzungen im gesamten Jahr 2020 zum Teil abgesagt, verschoben oder fanden nur mit stark reduzierter Tagesordnung statt. Daher und aufgrund der Tatsache, dass in diesem Fall keine Verjährung drohte, wurde der Fall erst Anfang Dezember von Seiten der Verwaltung auf die Tagesordnung der zuständigen Ausschüsse gebracht.
In der Folge wurde auf Antrag einer Fraktion der Sachverhalt im Stadtrat behandelt. Aus der Diskussion im Stadtrat ergab sich der Beschluss, den Fall an die Staatsanwaltschaft zu übergeben, was auch unmittelbar erfolgte.
Unabhängig von der weiteren Untersuchung des Vorgangs ist es wichtig festzustellen, dass es zu jeder Zeit ausreichend Interessenten für das Gewerbegebiet „Westlich der Remise“ gab und gibt, um die tatsächlich gebaute Straße zu belegen. Diese Interessenten erstrecken sich auf unterschiedliche Branchen.
Aktuell haben namhafte Firmen aus dem Handwerk und der Baubranche Interesse an einer Ansiedlung an der Remise, von denen ein Interessent bereits in konkreten Vertragsverhandlungen mit der Stadt steht. Anfragen nach passenden Grundstücken gehen aktuell immer noch ein und werden geprüft. Für die Zukunft kann also von einer zeitnahen Vergabe der Gewerbegrundstücke ausgegangen werden.
Sobald die Flächen verkauft sein sollten, wird es so sein, dass sich die Kosten für die Erschließung des Geländes durch die Erschließungsbeiträge zum größten Teil refinanzieren werden. Dies wird bei dem Gewerbegebiet „Westlich der Remise“ so sein wie bei anderen Gewerbe- und Industriegebieten in Homburg auch.
Um ähnliche Vorgänge in Zukunft wirksam verhindern zu können, wurde das Bauamt bereits im Sommer 2020 umstrukturiert und eine Bauprozesssteuerung / Baucontrolling eingeführt.