StartThemenStreit um Saisonarbeit:

Streit um Saisonarbeit:

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Keine „Discount-Ernte“ mit großen Risiken bei Corona-Infektionen für die Erntehelfer

IG BAU-Vize Schaum: „Bund muss sagen, was ihm der Gesundheitsschutz der Erntehelfer wert ist“.

Die IG BAU schlägt „Ernte-Alarm“ – mitten im Winter: Der Landwirtschaft droht in diesem Jahr ein erneuter Engpass bei den Erntehelfern, warnt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Situation werde sich gegenüber dem Vorjahr allerdings nochmals verschlimmern. Grund hierfür sei die Weigerung der Branchenverbände, den überwiegend aus Osteuropa kommenden Saisonarbeitskräften „faire und auf die neuen Corona-Gefahren ausgerichtete Arbeitsbedingungen“ zuzugestehen. Über die Beschäftigung der Erntehelfer sei hinter den Kulissen ein handfester politischer Streit entbrannt, so der stellvertretende IG BAU-Chef, Harald Schaum. Dabei drehe sich alles um einen Konfliktpunkt: Sollen Saisonkräfte über fünf Monate sozialversicherungsfrei arbeiten dürfen oder nicht? Die Helfer wären dann – wie schon im letzten Jahr – maximal 115 Tage statt der geltenden 70 Tage auf den Feldern im Einsatz – ohne dafür in Deutschland Sozialabgaben leisten zu müssen, aber auch ohne Sozialversicherungsschutz und damit ohne Kranken- und Rentenversicherung.

Das CDU-geführte Bundeslandwirtschaftsministerium ist dafür, die Sonderregelung auch in diesem Jahr laufen zu lassen. Die Agrar-Gewerkschaft IG BAU dagegen warnt: „Das Risiko einer Corona-Infektion ist unter den Arbeits- und Unterkunftsbedingungen in der Landwirtschaft nicht geringer geworden. Im Gegenteil. Die Situation ist gerade durch die deutlich ansteckenderen Corona-Mutationen heute gefährlicher als noch vor einem Jahr. Ohne ordentliche Krankenversicherung könnte der Arbeitseinsatz in Deutschland für etliche Saisonkräfte am Ende fatale Folgen haben und in einem persönlichen Fiasko enden“, sagt Harald Schaum. Er plädiert deshalb dafür, den „kompletten Ernteeinsatz auf solide Füße zu stellen – mit vollem Sozialversicherungsschutz ab dem ersten Tag auf dem Feld“. Der IG BAU-Vize: „Auch im zweiten Corona-Jahr wieder Menschen ohne Sozialversicherungsschutz zu uns in die Betriebe und auf die Felder zu holen, das wäre unverantwortlich.“

Die Gewerkschaft setzt deshalb jetzt auf Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD): „Es kann nicht im Interesse des Staates sein, hier eine ‚soziale Discount-Ernte‘ mit unkalkulierbaren Risiken für die Saisonkräfte einzufahren. Und das nur, weil Betriebe im Obst- und Gemüseanbau Nebenkosten beim Lohn scheuen“, sagt Agrar-Experte Harald Schaum. Die IG BAU fordert deshalb „die volle Sozialversicherungspflicht für alle Saisonarbeitskräfte – unabhängig davon, wie lange sie im Einsatz sind“.

In der Spitze erwartet die IG BAU für die Sommermonate Juni und Juli erneut knapp 60.000 Saisonkräfte im Dauereinsatz. „Aber die Arbeitsbedingungen dabei müssen stimmen“, so Schaum. Die Zeit, das zu regeln, dränge: „Schon in den nächsten beiden Wochen müssen die Betriebe ihre Pläne für die Erntehelfereinsätze stehen haben. Anfang März starten dann die Vorbereitungen für die Spargelernte, danach kommen die Erdbeeren. Doch vorher muss der Bund klar regeln, was ihm die Erntehelfer und deren Gesundheitsschutz wert sind“, so Schaum.

Wer als Saisonkraft etwa aus Rumänien, Polen, Bulgarien oder der Ukraine von der ersten Spargelernte im Frühjahr bis zur Weinlese im Herbst nach Deutschland komme, müsse die Gewissheit haben, dass er voll sozialversichert ist und dass deutsche Betriebe in den Gesundheitsschutz investieren: „In den Unterkünften, beim Transport von Feld zu Feld sowie bei der Arbeit auf den Feldern und in den Betrieben muss stärker denn je auf Infektionsschutz geachtet werden“, so Schaum. Die Unterbringung in Einzelzimmern, kostenlose FFP2-Masken, Desinfektionsspender, regelmäßig gereinigte Sanitärbereiche auf den Feldern und in den Unterkünften sowie kostenlose Corona-Tests gehörten in der neuen Erntesaison zum neuen Standard. Die IG BAU fordert zudem die Aufsichtsbehörden auf, in den kommenden Monaten „verstärkt und systematisch die Arbeits- und Unterkunftsbedingungen von Saisonkräften zu kontrollieren“. Dazu gehörten auch die Unterbringung in Unterkünften zu Wuchermieten und das Einfordern unseriöser Vermittlungsgebühren.

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