In Anbetracht steigender Infektionszahlen und der zugespitzten Lage in den Krankenhäusern hat sich der saarländische Ministerrat am Freitagabend (11. Dezember 2020) in einer außerordentlichen Sitzung über die weitere Vorgehensweise beraten.
Die bereits Anfang der Woche beschlossene Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Saarland wird aufgrund der stark angestiegenen Infektionszahlen am Montag nicht wie geplant in Kraft treten, die in Aussicht gestellten Lockerungen über die Weihnachtsfeiertage werden nicht wie geplant umgesetzt. Stattdessen wird die bisher gültige Verordnung voraussichtlich übergangsweise für 72 Stunden verlängert, bis die Ergebnisse der anstehenden Bund-Länder-Beratungen am Sonntag entsprechend in die neue Verordnung eingearbeitet werden können.
Auf folgende Punkte hat sich der Ministerrat verständigt:
- Der Ministerrat stimmt zu, dass das flächendeckend verpflichtende Testkonzept für Senioren- und Pflegeheime verschärft wird, um mehr Sicherheit zu schaffen. Dadurch sollen entstehende Cluster noch schneller erkannt werden und mit entsprechenden Maßnahmen schnell eingedämmt werden. Die Heimaufsicht wird beauftragt die jeweiligen erstellten Testkonzepte vor Ort zu überprüfen und bei Verstößen entsprechende Sanktionen zu verhängen. Ab einer landesweiten Inzidenz von 150 werden die flächendeckenden Tests in den Pflegeeinrichtungen zweimal die Woche durchgeführt. Die landesweite Testkapazität soll zudem erhöht werden.
- Um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern, sollen nicht dringend notwendige Eingriffe in den Krankenhäusern verschoben werden. Dazu ist ein mehrstufiges System vorgesehen.
Stufe 1: Fünf Covid-Schwerpunkt-Krankenhäuser im Saarland werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen und Betten freizumachen. Diese fünf Krankenhäuser werden durch das entsprechende Bundesprogramm unterstützt. Das Land wird den Ausfall vorfinanzieren, bis der Bund die in Aussicht gestellten Mittel zur Verfügung stellen wird.
Stufe 2: Zwei weitere Krankenhäuser werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen, um weitere Kapazitäten freihalten zu können.
Stufe 3: Alle Krankenhäuser im Saarland werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen. Dazu wird die Landesregierung ein eigenes Landesprogramm erstellen und damit die Krankenhäuser für die freigehaltenen Krankenhausbetten finanziell entlasten.
Die Landesregierung wird sich auf Bundesebene für weitere finanzielle Entlastungen einsetzen, um die saarländischen Krankenhäuser zu unterstützen.
- Abhängig von den Ergebnissen der Bund-Länder-Beratungen am Sonntag wird das Konzept für den Schulbetrieb angepasst. Beginnend ab Mittwoch, den 16.12.2020, werden für die verbleibende Zeit bis zu den Ferien in jedem Fall die digitalen und analogen Lernangebote für zuhause bei Sicherstellung der Betreuungsmöglichkeiten ausgeweitet und eine erweiterte Möglichkeit zur Freistellung von SchülerInnen vom Präsenzunterricht geschaffen. Alle Lehrkräfte bleiben möglichst in Präsenz am Schulstandort. Für SchülerInnen ohne geeigneten häuslichen Arbeitsplatz soll am Schulstandort ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Die Details wird das Bildungsministerium gegenüber den saarländischen Schulen kommunizieren.
Ministerpräsident Tobias Hans: „Das Infektionsgeschehen und die Lage in den Krankenhäusern geben Anlass zur Sorge. Dennoch müssen wir einen klaren Kopf bewahren: Alleingänge einzelner Bundesländer bringen uns in dieser Situation nicht weiter, wir brauchen den bundesweiten Schulterschluss und einheitliche Maßnahmen, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Klar ist jetzt schon, dass Corona unseren Hoffnungen auf ein möglichst unbeschwertes Weihnachtsfest einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und an einem harten Lockdown kein Weg vorbeiführt. Wir müssen konsequent reagieren und dadurch auch eine Perspektive im neuen Jahr schaffen. Das rettet nicht nur Menschenleben, sondern hilft der Wirtschaft mehr als der ewig lähmende Teil-Lockdown. Über den Zeitraum und die Details werden wir im Sinne der Einheitlichkeit am Sonntag gemeinsam mit den anderen Ländern und dem Bund entscheiden. Auch in meiner Brust schlagen gerade zwei Herzen: Als Mensch tut es mir unglaublich weh, dass wir gezwungen sind, die Lockerungen zurückzunehmen und sogar noch nachschärfen müssen. Als politisch Verantwortlicher bleibt mir aber keine Wahl: Der Schutz der Gesundheit ist und bleibt das wichtigste!“
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger: „Wir dürfen uns nicht an 500 Tote und mehr wegen COVID-19 am Tag gewöhnen. Auch wenn es weh tut: Die bisherigen Maßnahmen waren nicht ausreichend. Seit einigen Tagen steigen die Zahlen sogar bundesweit wieder deutlich an. Unser Ziel ist, Menschen vor dem tückischen Virus zu bewahren und Leben zu retten. Wir sind deshalb auch im Saarland bereit, das gesellschaftliche Leben sehr weitgehend runterzufahren. Diese Shutdown-Maßnahmen müssen über das Wochenende bundesweit verabredet werden. Wir wissen aus der Erfahrung des Frühjahrs, dass es auf viele Details und Abgrenzungen ankommt, die müssen ordentlich geklärt werden und zwar am besten einheitlich bundesweit. Und es braucht zeitgleich Klarheit der Bundesregierung wie finanzielle Hilfen für die zusätzlich betroffenen Unternehmen vonstatten gehen. Denn all dies wird wirtschaftliche Folgen haben. Jedem muss aber klar sein, dass der größte Schaden für die Wirtschaft von einer außer Kontrolle geratenen Pandemie ausginge. Gleichzeitig müssen die Kapazitäten der Krankenhäuser schnell erweitert werden, um eine Überlastung zu verhindern. Besonders dramatisch ist die Situation in Pflegeheimen und Einrichtungen, deshalb müssen BewohnerInnen und Beschäftigte deutlich besser getestet und geschützt werden. Die Teststrategie muss daher verpflichtend sein, denn wir sehen, dass sich hier große Cluster bilden können mit vielen Infektionen auf einmal.“