Saarbrücken – Nachdem in der vergangenen Woche der erstaunliche Geldkofferfund auf dem Dachboden des GIU-Geschäftsführers Martin Welker publik wurde, kommen immer mehr Details an den Tag, die den „Retter des Ludwigsparkstadions“ in ein schlechtes Licht rücken.
Der Saarbrücker Oberbürgermeister wollte nach dem energischen Eingreifen in Sachen Ludwigspark Welker zum Baudezernenten wählen lassen und hielt an seiner Nominierung fest, als es bereits schwere Zweifel an dessen Eignung gab. Zweifel, die dem Oberbürgermeister bekannt gewesen sein müssen. Am 3. November 20 soll es zu einem Gespräch zwischen den beiden gekommen sein, in dem man zu der Übereinkunft kam, dass „Herr Welker seine Kandidatur für das Amt des Baudezernenten vorerst zurückzieht.“
Im entsprechenden Artikel, der auf saarbuecken.de, der Homepage der Landeshauptstadt veröffentlicht wurde, spricht Welker von einer „Schmutzkampagne“. Unsere Recherchen haben ergeben, dass sowohl die FDP- als auch die Grünen-Fraktionen am Tag zuvor abgelehnt hatten, Welker zum Baudezernenten zu wählen. Denn da war ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken gegen Welker aufgetaucht, in der er der Körperverletzung und Nötigung beschuldigt wurde. Dieses war laut Staatsanwaltschaft eingestellt worden, weil die betroffene Person keinen Strafantrag gestellt hatte und weil der Beschuldigte strafrechtlich „bislang nicht in Erscheinung getreten“ sei.
Es dauerte allerdings nicht allzu lange, bis die nächste Anzeige wegen Körperverletzung auftauchte. Diesmal war die Staatsanwaltschaft Saarbrücken zuständig: „Der Beschuldigte W. soll als Bauleiter einer Baustelle am Ludwigsparkstadion widerrechtlich durch ein geöffnetes Fenster in einen Bürocontainer eines Sicherheitsunternehmens eingedrungen sein und einem dort befindlichen Mitarbeiter des Unternehmens zwei Faustschläge gegen die Brust und die Schulter versetzt haben. Den Container soll er sodann trotz Aufforderung nicht verlassen haben.“ Auch dieses Verfahren aus dem Jahr 2020 wurde vorläufig eingestellt, weil laut Staatsanwaltschaft sich zwischenzeitlich die Steuerfahndung mit Herrn Welker befasste, u.a. den berühmten Geldkoffer fand und das zu erwartende Strafmaß im Vergleich zu dem laufenden Verfahren nach §30 der Abgabenordnung, gering sei.
Darüber hinaus ist ein Verfahren wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe anhängig (Aktenzeichen 11 Js 1070/21). In diesem Verfahren wurde mit Verfügung vom 22.11.2021 ein Strafbefehlsantrag beim Amtsgericht Neunkirchen gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat eine Geldstrafe in Höhe von 6000 EUR beantragt. Der Strafbefehl ist derzeit noch nicht rechtskräftig.
Und es gibt weitere Vorwürfe, die sich zu einem dramatischen Bild summieren: „Neben dem Verfahren wegen des Vorwurfs wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen und der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (Aktenzeichen 05 Js 153/22) sind derzeit noch ein Verfahren wegen des Vorwurfs des Untreue (Aktenzeichen 05 Js 518/20) und ein Verfahren wegen Betruges (Aktenzeichen 05 Js 517/20) bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken anhängig. In dem Verfahren mit dem Aktzeichen 05 Js 517/20 wird dem Beschuldigten W. vorgeworfen, dass er im Jahr 2020 eine Firma mit Arbeiten am Rasen/der Rasenbeheizung des Ludwigsparkstadions beauftragt hat, jedoch bereits vor Abschluss der Arbeiten den Entschluss gefasst haben soll diese Firma nicht zu bezahlen, sondern eine andere Firma mit der letztlichen Ausführung zu beauftragen. Auch das Verfahren mit dem Aktenzeichen 05 Js 518/20 stammt aus dem Jahr 2020 und beinhaltet Unregelmäßigkeiten bei der Beauftragung eines saarländischen Bauunternehmens G. mit Arbeiten am Ludwigsparkstadion.“ Dazu muss erwähnt werden, dass es keine Verurteilung gibt und solange die Unschuldsvermutung gilt.
Die allermeisten Verfahren, mit denen sich Martin Welker konfrontiert sieht, stammen aus der Zeit nach der Ernennung am 29.07.2020 zum Geschäftsführer der städtischen GIU, deren Aufsichtsratsvorsitzender Oberbürgermeister Uwe Conradt ist. Der gerät allmählich auch in den Fokus der Ermittlungen. Auf unsere Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, ob gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Conradt und den GIU-Geschäftsführer Klein ermittelt werde, erhielten wir die Antwort: „Aus ermittlungstaktischen Gründen können hierzu leider keine Angaben gemacht werden.“ Wenn aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben über Ermittlungen gemacht werden, bleibt wenig Spielraum für Fantasie.
Die Pressestelle der Stadt ist in den vergangenen Tagen stark in die Defensive geraten. So will man die Zahlung der 1,8 Millionen, die Geschäftsführer Heinz-Peter Klein im August auf das Konto der Welker & Mann Rechtsanwaltsgesellschaft mbH überwies, mit einem Schreiben des Gutachters Dr. Michael Ott begründen. Dieser soll wortwörtlich formuliert haben: „Wir vertreten ebenfalls die Ansicht, dass die Zahlung der Vergleichssumme nun geleistet werden kann und auch sollte.“ Den Nachweis dafür will Klein offensichtlich nicht erbringen. Interessanterweise antwortet auch nicht mehr der Geschäftsführer der GIU selbst, sondern der Pressesprecher der Landeshauptstadt, der sich bis vor Kurzem nicht für die GIU zuständig fühlte. Wie dem auch sei: Das uns vorliegende Gutachten des Dr. Michael Ott vom 16. November 2021 rät ausdrücklich zu einer anderen Vorgehensweise:
„Wir raten dazu, das bereits von der Welker & Mann GmbH eingeleitete Klageverfahren gegen die GIU KG für eine rechtssichere Klärung zu nutzen und vorher keine Auszahlung vorzunehmen. Zurecht haben Ihnen die Kollegen der Kanzlei Rapräger geraten, derzeit die Rechnungen mangels Prüffähigkeit und ordnungsgemäße Rechnungstellung nicht zu bezahlen. Abhängig vom Inhalt der Anspruchsbegründung seitens der Welker & Mann GmbH wird man sehen, inwieweit auf die Frage der Teilverjährung einzugehen ist“.
Warum ein zweites Gutachten nötig war, wurde von der Pressestelle der Landeshauptstadt nicht beantwortet. Alle uns vorliegenden Gutachten sprechen ausdrücklich gegen die Zahlung.
Unterdessen wurde zusätzlich bekannt, dass Martin Welker weitere Forderungen i.H.v. 1,8 Millionen Euro gegen die GMS (Gebäudemanagement Saarbrücken) geltend macht. Wir haben folgenden Fragenkatalog an das Stadtpresseamt geschickt:
1. Welche Leistungen hat Herr Welker in Rechnung gestellt und wer hat ihn beauftragt?
2. In welchem Zeitraum sollen die Leistungen erbracht worden sein?
3. Auf Basis welcher Vereinbarung wurde Herr Welker für die LHS tätig?
Diesmal antwortete GMS-Werkleiter Erik Schrader: „Die Forderung beträgt ca. 1,8 Millionen Euro. Es wurde bislang kein Geld ausgezahlt, da wir diese Forderung bestreiten. Das Verfahren wurde auf Antrag der Gegenseite auf ruhend gestellt. GMS hat sich dem angeschlossen. Weitere Details werden wir vor dem Hintergrund des Rechtsstreits nicht machen.“
Kurz: Keine der gestellten Fragen wurde auch nur ansatzweise beantwortet.