StartFeatureWelches Problem haben Polizei und Innenministerium mit den „FCS-Fans“?

Welches Problem haben Polizei und Innenministerium mit den „FCS-Fans“?

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Dienstagabend, Saarlandpokal Halbfinale in Homburg. Auf dem regennassen Rasen ertönt der Anpfiff von Schiedsrichter Timo Klein aus Wiebelskirchen, gefolgt von „Hier regiert der FCH“-Gesängen. Wie das? Eine lustige Truppe von etwa zwei Dutzend grün-weißen Anhängern hat sich hinter dem Zaun im Wald aufgestellt und unterstützt ihre Mannschaft nach Kräften. Gestört hat dies niemanden im Stadion. Auch die Vertreter der Gäste aus Saarbrücken nicht. Im Gegenteil: Nach vielen Monaten ohne Fans dürfte es auch für sie eine willkommene Abwechslung gewesen sein, denn die Schlachtenrufe brachten ein wenig der allseits vermissten Fußball-Atmosphäre ins Waldstadion.

Von Polizei und Ordnungskräften war nichts zu sehen. Trotz extra für das Spiel verhängter „Allgemeinverordnung“ durch die Stadt Homburg, interessierte es buchstäblich nicht die Bohne, was die grün-weißen Fans dort trieben und ob sie sich an die Abstandsregeln hielten oder Masken trugen. In der Tat ist unserer Redaktion kein einziger Polizist im Stadion aufgefallen. Erst als das Spiel zu Ende war, kam ein grüner Polizei-Vito den langen Weg entlang des Waldes zur Spielstätte geschlichen. Zu diesem Zeitpunkt waren die grün-weißen „Gesetzesbrecher“ aber längst aus dem Wald und unbehelligt über alle Berge verschwunden.

Knapp vier Wochen zuvor, waren die Fan des FCS ins Visier des Innenministeriums und der Polizei geraten, als sie ihre Mannschaft für das erste Derby gegen den Erzrivalen aus Kaiserslautern verabschieden wollten. Der Fanbetreuung um Andreas Kulz war natürlich klar gewesen, dass es zu einem Massenauflauf kommen könnte und so hatten sie sich mit Björn Brühl, dem Verbindungsmann bei der Polizei, in Verbindung gesetzt: „Es war klar, dass gezündelt werden würde“. Die Antwort war: Man würde ein Auge zudrücken. Als es dann einen Tag später zur Abfahrt des Busses Richtung Lautern kam, sagte Einsatzleiter Schneider zur Fanbetreuung, dass man eher auf die Einhaltung der Coronabeschränkungen achten werde. 

Als die Polizei dann Stunden später eine Pressemitteilung veröffentlichte, sind nicht wenige, die dem „Ereignis“ beigewohnt hatten, beim Lesen fast vom Stuhl gefallen. Die Fans hätten die Camphauser Straße blockiert, hieß es da etwa. Eine glatte Falschaussage, denn die Polizei hatte, weil sie befürchteten, dass Fans auf die Straße laufen können, bevor der Bus am Sportfeld losgefahren war, die Straße selbst gesperrt. Von einer Blockade kann keine Rede sein. Das dokumentierten auch verschiedene Fan-Videos, die diesen Moment festhielten. Erst als der Bus mit den Spielern auf die Camphauser Straße abbog, liefen Fans auf die – bereits abgesperrte – Straße. Einige Wenige mit Bengalos.

Wir haben mit etlichen Menschen gesprochen, die das Geschehen verfolgt hatten. Es sei eine positive Atmosphäre gewesen. Spielerfrauen und -kinder hätten der Verabschiedung beigewohnt. Fünf bis zehn Minuten habe das Ganze gedauert. Dann seien alle wieder ihres Weges gegangen und die kurze Straßensperre sei schnell wieder aufgehoben worden.

Am gleichen Abend gab es Randale auf dem St. Johanner Markt. Die Polizei betitelte ihre entsprechende Pressemitteilung „FCS-Fans bewerfen Einsatzkräfte mit Flaschen“. Darin heißt es: „Inmitten der feiernden Leute stach eine Gruppe von ca. 30-40 FCS-Fans besonders hervor, die sich lautstark gegen die vor Ort befindlichen Einsatzkräfte mit Beleidigungen und Flaschenwürfen hervortat.“ Es folgen harsche Worte, die klarstellen, dass sich die Polizei vor allem auf diese Gruppe konzentrierte, die FCS-Fans. Wie man diese als solche identifiziert hatte, stand nicht in der Meldung. Stattdessen richtete die Polizei zwei Tage später extra ein Portal ein, auf das Zeugen des Vorfalls Videos hochladen sollten, damit die Aggressoren identifiziert werden könnten.

Da passt etwas nicht zusammen… Aus Fankreisen wurde dieser pauschale Vorwurfe auch entsprechend abgeschmettert. Die „FCS-Fans“ hätten nach der schmachvollen Niederlage alles andere im Sinn gehabt, als sich auf dem St. Johanner Markt mit der Polizei zu prügeln. Abgesehen davon, dass 99,99% Prozent der Fans des 1. FC Saarbrücken niemals auch nur auf Idee kämen, etwas Ähnliches zu tun.

Der Leiter des Bereichs DLS 1 (Leitungsstab / Öffentlichkeitsarbeit) im Landespolizeipräsidium, Jens Heinrich, sagte uns in einem längeren, durchaus freundlichen Gespräch, dass sich unter den Aggressoren polizeibekannte Personen befunden hätten, die man habe zuordnen können.

Drei Tage nach dem Vorfall am Markt, der den “FCS-Fans“ zugeordnet wurde, fand das Heimspiel gegen den SV Waldhof Mannheim statt. Unter den Bedingungen, die nun einmal seit Oktober herrschen: Kein Zutritt für Fans. Nichts Neues, also. Alles wie gewohnt, sollte man meinen. Doch an diesem Abend war am Ludwigsparkstadion deutlich mehr los als bei allen anderen Heimspielen bisher zusammen. Nur waren keinerlei Anhänger des größten Fußballvereins des Landes im Umfeld zu sehen, sondern grüne Mannschaftswagen der Polizei und massenweise Polizisten. 110 zusätzliche Kräfte sicherten – nichts!

Diesen Umstand feierte das Innenministerium in einer folgenden Pressemeldung, die nur noch durch den Begriff „Propaganda“ bezeichnet werden kann. Da wurde vermerkt, dass: „Innenminister Klaus Bouillon zufrieden mit gestrigem Einsatzverlauf in Saarbrücken“ (sei) und er bedankte sich überschwänglich:

„Ich danke der Polizei für ihren engagierten Einsatz und den Bürgerinnen und Bürgern für ihr besonnenes und solidarisches Verhalten. Die Ergebnisse des gestrigen Tages zeigen, dass die von mir zu Beginn der Woche angekündigten verstärkten Kontrollen wirken und im Interesse der großen Mehrheit der Menschen liegen.“

Uwe Conradt, Saarbrücker OB, klatschte in der Meldung übrigens verbal Beifall.

Das gefeierte Ergebnis wurde eher nebenbei erwähnt: „Gemeinsam mit dem kommunalen Ordnungsdienst der Landeshauptstadt Saarbrücken wurden über 150 Kontrollen – weitestgehend ohne Beanstandung – durchgeführt.“  Also eine glatte Null.

Das hat seinen Grund. Denn die FCS-Anhänger sind klar verortbar, wenn ihr Team spielt: Vor ihrer Glotze, meist mit einem hopfigen Kaltgetränk in der Hand. Das war bei allen Spielen im Ludwigspark seit Corona festzustellen und so fragten wir das Innenministerium, was denn so in den bisherigen Heimspielen der Saison an polizeilich Relevantem geschehen sei. Die Antwort von Kathrin Thomas, der Pressesprecherin des Ministeriums, lautete:

Im Rahmen der anlässlich von 17 Heimspiel-Austragungen des 1. FC Saarbrücken durchgeführten polizeilichen Einsätze waren insgesamt fünf Personenkontrollen/Identitätsfeststellungen erforderlich. Darüber hinaus wurden insgesamt acht Platzverweise ausgesprochen, bei deren Befolgung zu keinen nennenswerten Zwischenfällen kam. Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz (SprengG) wurde eingeleitet. Zudem kam es anlässlich der Heimspiele zur Verwirklichung von zwei Straftaten (1 x Verdacht der Körperverletzung / 1 Verstoß SprengG).

Es gab also nicht den geringsten Anlass, 110 zusätzliche Polizeikräfte für das Spiel gegen Mannheim einzusetzen. Und dies war absolut absehbar, denn es war bei keinem einzigen Heimspiel, inklusive derer mit Fans, zu einem wirklich schwerwiegenden Zwischenfall gekommen. Keines der Ereignisse, die zu dem Einsatz führten hatten etwas mit einem Heimspiel des 1. FC Saarbrücken zu tun. Die „Vorkommnisse“ standen nur in einem allgemeinen Zusammenhang mit „FCS Fans“ – oder auch nicht. Der Zwischenfall am St. Johanner Markt ist jetzt, mehr als einen Monat später, noch nicht einmal aufgeklärt.

Ein solcher Einsatz kann entsprechend nur als eine einzige Farce bezeichnet werden. Verschwendetes Steuergeld, für das sich manch ein Bürger einen tollen Geburtstagsempfang hätte leisten können.

Übrigens: Die Bilanz des nachfolgenden Heimspiels lautete aus polizeilicher Sicht: „Das Landespolizeipräsidium setzte zur Bewältigung der Einsatzlage anlässlich der Dritt-Liga-Begegnung zwischen dem 1. FC Saarbrücken und dem 1. FC Magdeburg insgesamt neun Einsatzkräfte ein.“ Es kam zu keiner Identitätsüberprüfung und es wurden keinerlei besondere Vorkommnisse registriert. Wer hätte das gedacht?

Soweit die Prosa. Nun die Fragen:

Welches Problem haben Polizei, OB und Innenministerium mit den „FCS-Fans“? Ein Polizeibeamter schaltete sich beispielsweise in eine facebook-Diskussion um den „Bus-Vorfall“ ein und nannte die FCS-Fans – pauschal, wie gewohnt – Krawallmacher. Das war nur eine Stimme, mag aber sicherlich für einen bestimmten Kreis innerhalb der Polizei sprechen. Objektive Gründe für die zuletzt erfolgte, einseitige, mediale Aggression von Polizei und Innenministerium sind nicht zu ersehen. Dass es auch anders geht, zeigte das angesprochene Spiel in Homburg. Das Nicht-Eingreifen der Polizei führte zu einem gelungenen Halbfinale…

  • Warum werden die Fanlager des FC Homburg und des FCS unterschiedlich bewertet und behandelt?
  • Sind Verstöße etwa nicht gleichwertig zu ahnden?
  • Warum wird auf der einen Seite großzügig ein Auge zugedrückt, während man den Eindruck gewinnt, dass sich die Polizei fragwürdiger Darstellungen bemüht, um eine Personengruppe von mehreren Tausend Menschen im Saarland in eine bestimmte Ecke zu stellen?

Den Widerspruch in den Darstellungen vermochte Jens Heinrich, der Leiter der Dienststelle für Öffentlichkeitsarbeit, übrigens nicht aufzuklären.

Warum erhielten wir die Antworten selbst auf einfachste Fragen, die einen Klärungsaufwand von bestenfalls zwei Minuten erfordern, erst nach fünf Tagen? Die Polizei benötigte doppelt so lange, wobei Jens Heinrich darauf verwies, dass man alle in dem Zusammenhang stehenden Dienststellen habe abfragen müssen.

Und zuletzt: Wer zahlt die Verschwendung von Steuergeldern für den Einsatz gegen Mannheim?

Eine Antwort darauf hätten wir: Nicht Herr Bouillon…

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