Die Vitrinen sind leergeräumt: Wolfgang Stenger hat kurzfristig den Entschluss gefasst, in Rente zu gehen. „Seit der Baustelle ist noch weniger los als vorher.“ Also traf er mit der Vermieterin die Vereinbarung von Monat zu Monat zu schauen. Nach dem ersten Quartal 2018 war klar: Nichts geht mehr. Auf gelbem Papier hat Wolfgang Stenger ein Abschiedsschreiben an seine Kunden formuliert. Es ist schon ein wenig Wehmut dabei.
„In den neun Jahren, in denen ich hier bin, habe ich natürlich sehr viele Sulzbacher kennengelernt. Sulzbacher ist meine zweite Heimat geworden. Man hat mir immer das Gefühl gegeben, einer von ihnen zu sein.“ beschreibt der im Raum Saarlouis lebende Goldankäufer sein Verhältnis zu den Einwohnern der ehemaligen Bergbau- und Industriestadt.
Geboren ist Stenger in Quierschied. Sein Elternhaus steht direkt gegenüber der Kirche. Heute führt dort ein Optiker sein Geschäft. In frühen Jahren ging es dann in die Landeshauptstadt. Dort spielte er in der Jugend des 1. FC Saarbrücken Fußball bis seine Familie zuerst nach Weiskirchen und dann nach Konfeld umzog. Im Hochwald gab es leider nur geringe Jobperspektiven und so ging es für ihn in Richtung Saarlouis. Als vor 10 Jahren die Goldankauf-Geschäfte boomten, war Wolfgang Stenger ganz vorne dabei. Er baute auch den Quierschieder Goldankauf auf, der heute wohl einer der stärksten im Saarland ist, und veräußerte ihn an den jetzigen Inhaber.
Doch das Geschäft hat sich gewandelt. „Im Saarland ist der Goldankauf stark eingebrochen.“ Das Potenzial scheint schon teiweise erschöpft zu sein – und auch das Publikum habe sich geändert. Wie in anderen Branchen nimmt der Onlinehandel den Läden vor Ort große Teile des Umsatzes ab und er drückt die Preise auf ein Niveau, mit dem die kleinen Händler nicht leben können. Auch was die Seriösität anbetrifft, so hat Wolfgang Stenger so seine Zweifel. „Ich habe zwei Testverkäufe gemacht und bin zweimal aufgefallen.“
Der Goldankauf basiert auf der Vertrauensbasis zwischen dem Verkäufer und den Kunden. „Das hat in Sulzbach sehr gut gepasst.“ Viele Kunden sind immer mal wieder vorbei gekommen, obwohl sie gar nichts mehr zu verkaufen hatten. Andere „Kunden“ haben sich auch bemerkbar gemacht: Es gab einige Einbruchsversuche. Doch: „Ich bin froh, dass mir in den ganzen Jahren nichts passiert ist.“
Nun ist also Schicht. „Meine Frau freut sich schon darauf!“ grinst Wolfgang Stenger. Doch in ein Loch fallen wird er nicht. Er hat viele Hobbies, vom Fußball über das Musik machen bis zur Mitarbeit in verschiedenen Vereinen. Auch Radfahren, Nordic Walking und Wandern im nahen Litermont stehen künftig verstärkt auf dem Plan. „Ich werde mich nicht langweilen!“ kündigt er an.
Eines liegt ihm noch am Herzen: Wolfgang Stenger möchte sich bei seinen Kunden und allen Sulzbachern bedanken: „Es war eine schöne Zeit!“