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Zwei Jahre Oberbürgermeister Prof. Dr. Ulli Meyer – ein Interview und Stimmen dazu

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Nach dem Parteilosen Hans Wagner folgte im Oktober 2019 Prof. Dr. Ulli Meyer auf dem Oberbürgermeisterposten in St. Ingbert. Dessen bisherige Amtszeit fiel bis auf die ersten Monate komplett in die Coronapandemie, dennoch wurde einiges angestoßen und umgesetzt.

saarnews: Guten Tag, Herr Dr. Meyer. Beginnen wir am Anfang. Aus welchen Gründen haben Sie sich eigentlich zur Kandidatur für das Oberbürgermeister-Amt in St. Ingbert entschlossen? Als Staatssekretär für Finanzen in der Landesregierung hatten Sie doch auch gute berufliche Perspektiven.

Dr. Ulli Meyer: Ich bin St. Ingberter. St. Ingbert ist meine Geburtsund Heimatstadt. Hier wohne und lebe ich und hier wollte ich auch arbeiten. Ich habe in meiner Zeit als Ortsvorsteher viel bewegt und der direkte Kontakt zum Bürger war mir immer sehr wichtig. Als sich die Chance zur Wahl des Oberbürgermeisters ergab, bin ich angetreten und wurde auch von den Bürgern gewählt. Nun kann ich aktiv St. Ingbert gestalten und die Stadt gemeinsam mit dem Stadtrat nach vorne bringen.

saarnews: Das Wahlergebnis mit grob 55 zu 45 Prozent in der Stichwahl fiel eindeutig aus. Noch wichtiger war sicherlich, dass es Ihnen gelang, eine Mehrheit im Stadtrat zu organisieren, denn ohne diese – das konnte man ja am Beispiel ihres Vorgängers sehen – ist man als Stadtoberhaupt nur beschränkt handlungsfähig. Nun verfügen Sie über zwei Jahre Erfahrung mit der Koalition aus Grünen und Familienpartei. Wie bewerten Sie diese?

Dr. Ulli Meyer: Nach dem Streit der letzten Jahre ist es mir wichtig, dass Rat und Verwaltung wieder vertrauensvoll zusammenarbeiten. Die Koalition arbeitet sehr vertrauensvoll und erfolgreich. Wir haben über die Koalition aus CDU, Grünen und Familienpartei hinaus z. B. mit der SPD jetzt im Rat wieder ein gutes Arbeitsklima, das an die Zeiten von Dr. Winfried Brandenburg anknüpft: Wir diskutieren in der Sache, um bestmögliche Ergebnisse zu erreichen – uns eint das Ziel unsere Stadt voranzubringen. Getreu dem Motto „zusammen arbeiten“ gehen wir die Arbeit und Projekte gemeinsam an.

saarnews: Gewählt wurden Sie mit klaren Mehrheiten in allen Stadtteilen, nur nicht in Rohrbach. Dort lag der „Lokalmatador“ Hans Wagner mit 70 zu 30 Prozent vor Ihnen. Die Akzeptanz war zu Beginn ihrer Amtszeit also nicht sehr hoch in Rohrbach. Hatte dies Auswirkungen auf Ihre Amtsführung? Haben Sie sich besonders um die Rohrbacher bemüht?

Dr. Ulli Meyer: Es ist mir wichtig, dass alle Ortsteile in St. Ingbert gleichbehandelt werden. Dort wo wir Projekte angehen müssen, werden wir tätig und bringen diese gemeinsam mit den Ortsvorstehern und den Ortsräten voran. So sind wir in Rohrbach auch wichtige Projekte angegangen. Der Bau des Feuerwehrgerätehauses, der Neubau eines Kindergartens oder die Schaffung von Wohnraum im Bereich der TG-Halle sind nur ein paar Beispiele, wie wir in Rohrbach aktiv handeln. Wie mit allen Ortsvorstehern, stehe ich auch mit Ortsvorsteher Roland Weber im engen Kontakt. Wenn es ein Problem gibt, dann lösen wir dieses schnell, unkompliziert und gemeinsam.

saarnews: Sie haben sich gleich von Beginn an die „Baustellen“ gewagt, etwa das Thema „Altes Hallenbad“, Thume Eck oder jüngst auch die Baumwollspinnerei. Sehen Sie ihre bisherige Amtszeit auch ein Stück weit als „Altlastenbereinigung“?

Dr. Ulli Meyer: Mir war und ist es ein großes Anliegen, dass wir die Ruinen im Stadtbild beseitigen. Denn unser Ziel ist ein „grünes & lebendiges St. Ingbert“. Viele der Projekte müssten längst umgesetzt sein, denn für alle Projekte gibt es aus den vergangenen Jahren Stadtratsbeschlüsse. Aber nicht nur Altlasten werden bereinigt, wir machen St. Ingbert fit für die Zukunft: Wir müssen zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen.

saarnews: Sie haben gemeinsam mit ihren Partnern im Stadtrat vor, die St. Ingberter Innenstadt zu verändern. Könnten Sie uns Ihre Vorstellungen kurz darlegen?

Dr. Ulli Meyer: Wir möchten eine attraktive und lebendige Innenstadt, die Besucher anlockt und den St. Ingbertern etwas bietet. Durch die Innenstadtfrequentierung wollen wir unseren lokalen Handel und die Gastronomie stärken. Dafür haben wir kurz-, mittel-, und langfristige Maßnahmen festgelegt. Als kurzfristige Maßnahmen haben wir die Parkgebühren in St. Ingbert abgeschafft. Alle Besucher können in der Innenstadt kostenfrei parken. Sauberkeit ist das A&O in einer Stadt, daher haben wir eine Müllfeuerwehr in Dienst gestellt, die Schmutz und Dreck schnell beseitigt. Wir gestalten die Innenstadt fahrradfreundlicher und strukturieren den Verkehr neu. Die Poststraße wird zukünftig einspurig für Fahrzeuge und gegenläufig für Fahrräder befahrbar sein. Neue Abstellplätze für Fahrräder rund um die Fußgängerzone sollen die Bürger zum Umstieg auf das Fahrrad bewegen.

Ein aktives Leerstandsmanagement sowie die Schaffung von innerstädtischem Wohnraum sind weitere Bausteine, um die Innenstadt zu beleben.

saarnews: St. Ingbert gilt als Kulturstadt. Neben der St. Ingberter Pfanne galt das Jazz-Festival als Zugpferd. Wird es dieses weiterhin geben?

Dr. Ulli Meyer: Unsere Abteilung Kultur erstellt derzeit ein neues Veranstaltungskonzept für das nächste Jahr mit dem die Veranstaltungen auch vor dem Hintergrund der Baumwollspinnerei und Musikschule in der JVA  weiterentwickelt werden. Dabei gilt: Bewährtes weiterentwickeln aber auch mit innovativen Veranstaltungsformaten neue Akzente zu setzen.

saarnews: Die Coronakrise hat den Städten und Gemeinden viel abverlangt. Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf St. Ingbert? Betrachten Sie die Krise als weitestgehend überwunden?

Dr. Ulli Meyer: Corona hat das Leben aller Menschen verändert. Viele Menschen leiden unter Long-Covid oder haben eine nahestehende Person durch das Virus verloren. Trotz großem Leid haben wir aber auch einen enormen Zusammenhalt der Bürger in St. Ingbert erfahren. Die gemeinsame Maskenverteilung an jeden Haushalt oder die Initiative „St. Ingbert hilft“ unter Leitung von Christina Wieth zeigen, dass niemand in dieser Krise alleine gelassen wurde. Alle haben mit angepackt und sich engagiert. Darauf bin ich besonders stolz.

Die Impfungen haben nun unser Leben erleichtert. Persönliche Treffen, ein persönlicher Austausch oder gemeinsames Feiern bringen unsere Lebensfreude zurück. Ob die Krise komplett überwunden ist, will ich nicht beurteilen. Für uns heißt es aber nach vorne zu blicken, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Wir wollen erfolgreich aus der Krise herausgehen. Dafür haben wir Konzepte entwickelt, um die Stadt aktiv zu stärken.

saarnews: Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden Jahre vorgenommen? Gibt es ein „Leuchtturm-Projekt“ wie bei ihrem Amtskollegen Uwe Conradt, der eine neue Eventhalle errichten möchte?

Dr. Ulli Meyer: Auf uns warten viele Aufgaben. Es gibt nicht das eine Leuchtturmprojekt, sondern durch verschiedene Schwerpunkte wollen wir St. Ingbert attraktiv zum Leben, Wohnen und Arbeiten gestalten. St. Ingbert ist das Herz der IT im Saarland. Der CISPA Innovation Campus wird zukünftig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Teilen der Welt beherbergen. Hier entsteht Innovation und know-how, die die Stadt und das Saarland als Motor nach vorne bringen werden. Ein weiteres großes Projekt ist die Alte Baumwollspinnerei. Dort sollen zukünftig ein gläsernes Albert-Weisgerber-Museum und die Stadtverwaltung verortet werden. Wir werden mehr Wohnraum schaffen. Wir möchten den St. Ingbertern aber auch eine attraktive Kinderbetreuung bieten. Mir ist es daher wichtig, dass wir in den Ausbau von Kindergärtenplätzen und in die Bildung investieren. Die Sanierung von Grundschulen ist mir ebenso wichtig. Die Bildung ist der Schlüssel für die Generationen von morgen.

saarnews: Vielen Dank für das Gespräch!


Zur Zwei-Jahresbilanz des Oberbürgermeisters haben wir auch einige Fraktionen im St. Ingberter Stadtrat befragt. Hier sind ihre Statements:

SPD:

Durchwachsenes Fazit zur bisherigen Amtszeit vom Oberbürgermeister

Die bisherige Legislatur des Oberbürgermeisters Ulli Meyer ist sowohl durch gute und schlechte Folgen für St. Ingbert gekennzeichnet. Die Zusammenarbeit ist jedoch von Professionalität geprägt. 

Seit zwei Jahren ist Prof. Dr. Ulli Meyer als neuer Oberbürgermeister im Amt. Aus Sicht der SPD Stadtratsfraktion gab es in der bisherigen Amtszeit sowohl positive als auch negative Entwicklungen für die Stadt. Ein großer Fortschritt war es, dass die Zusammenarbeit wieder auf der fachlichen Ebene stattfinden konnte und dieser Umgang miteinander durch Professionalität geprägt ist. Bei vielen Projekten kann man durch gemeinsame Vorschläge den ursprünglichen Vorschlag verbessern und durch den Meinungsaustausch voranbringen. An anderer Stelle sind die Meinungen über das beste Vorgehen unterschiedlich. Gerade an wichtigen Stellschrauben würde die SPD Stadtratsfraktion die Geschicke der Stadt in eine andere Richtung lenken.

Der größte Unterschied zwischen dem CDU-Oberbürgermeister und der SPD Stadtratsfraktion ist wohl der Umgang mit den Steuermitteln der Stadt und der Belastung der Bürgerinnen und Bürger. Zu Beginn der Amtszeit hatte die Koalition aus CDU, Familienpartei und Grünen auf Vorschlag des Oberbürgermeisters die Grundsteuer massiv erhöht. Das Resultat ist, dass St. Ingbert die höchste Grundsteuer und niedrigste Gewerbesteuer im Saarland hat. Die Unternehmen bleiben seit Jahren unangetastet, während die Bürgerinnen und Bürger immer mehr Lasten tragen müssen. Die SPD-Stadtratsfraktion hätte hier eine gänzlich andere Richtung eingeschlagen. 

Auch beim Thema sozialem Wohnraum und der Erschließung neuer Wohnbauflächen sind die Positionen deutlich abweichend. Bei jedem neuen Wohnbauprojekt muss die SPD eine Quote für sozialen Wohnraum fordern, die dann erste aufgenommen wird. Wohlgemerkt werden diese Quoten niedriger übernommen als von uns gefordert. Auch bei dem Erschließen neuer Flächen werden die Interessen von Einzelnen mehrberücksichtig als die Interessen der Allgemeinheit. Neue Flächen in der Pfuhl- oder Fiedeliswiese könnten leicht erschlossen werden. Statt dieser Wiesen sollten Waldflächen am Schmelzer Wald gerodet werden. Der Oberbürgermeister müsste hier die Interessen der gesamten Stadt in den Blick nehmen und den Ausbau von sozialem und ökologisch verträglichem Wohnraum forcieren. 

Abschließend der SPD Fraktionsvorsitzende Maximilian Raber: „Das politische Klima ist im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich besser geworden. Daran hat der Oberbürgermeister Ulli Meyer sicherlich seinen Anteil. In inhaltlichen Fragen über den richtigen Weg sind der Oberbürger und die SPD oftmals unterschiedlicher Meinung. Die Stadt benötigt mehr sozialen Wohnraum und die Belastung der Bürgerinnen und Bürger sollte verringert werden.

Grüne/Bündnis 90:

Die gesamte Fraktion der Grünen im Stadtrat von Sankt Ingbert empfindet auch nach zwei Jahren Oberbürgermeister Ulli Meyer, dank des Bindegliedes Markus Schmitt , Beigeordneter für nachhaltige Stadtentwicklung und Wirtschaft , die Zusammenarbeit äußerst konstruktiv und zielgerichtet. Unsere politischen Vorstellungen werden gehört und beachtet.
Besonderes Highlight ist die ökologische Ausrichtung in vielen Bereichen und insbesondere die nicht einfachen Verbesserungen im Bereich Mobilität und Fahrradverkehr voranzutreiben, was das Großprojekt „Poststraße“ mit stark verbessertem Fahrradraum in der Innenstadt zeigt. 
Die Mangelleistungen des Vorgängers werden sukzessive abgebaut. Der Abriss der Tischtennis Halle hat stattgefunden und für das Großprojekt Baumwollspinnerei sind Lösungswege gefunden. Im Rathaus entstehen Teamgedanken, so das St. Ingberter Politik aus einem Dreiklang aus Verwaltung , Stadtrat und Oberbürgermeister an der Spitze entsteht. Diesen Weg werden wir weiterhin unterstützen und hoffen auf gute Jahre der Zusammenarbeit zum Nutzen aller St. Ingberter / innen. 

DIE LINKE:

In der bisherigen Amtszeit von OB Dr. Uli Meyer hat sich bei uns der Eindruck erhärtet, dass Herr Dr. Meyer den Stadtrat und insbesondere die politische Opposition vorwiegend als Störfaktoren bei der Umsetzung seiner politischen Agenda wahrnimmt. Die Entscheidung über die Zukunft der Alten Baumwollspinnerei ist dabei nur eines von vielen Beispielen. Sein Versprechen, alle demokratischen Kräfte einzubeziehen, hat der OB im Laufe seiner Amtszeit bereits in vielerlei Hinsicht gebrochen. Die Linke in St. Ingbert wünscht sich für dieses Amt eine Person, die sich bei der Sitzungsleitung persönlich zurücknimmt und stattdessen als Mittlerin zwischen den vielfältigen politischen Positionen versteht, um echte demokratische Prozesse anzustoßen und zu befördern.

FDP:

Der Oberbürgermeister Ulli Meyer hat vor seiner Wahl der FDP in St. Ingbert die Zusammenarbeit angeboten. Diese ausgestreckte Hand hat die FDP am 9.4.2019 (siehe Presseveröffentlichung) angenommen und eine Empfehlung zur Oberbürgermeisterwahl ausgesprochen.  Die FDP im Stadtrat wurde bisher nicht enttäuscht. „Die FDP ist zwar nicht an der Koalition  beteiligt – fühlt sich aber nicht ausgegrenzt. Über wichtige anstehende Entscheidungen sucht der jetzige Oberbürgermeister bereits im Vorfeld einer Ausschuss-Sitzung bzw. Stadtratssitzung auch das Gespräch mit der FDP, obwohl er das bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat eigentlich nicht müsste. Damit ist genau das eingetreten – was sich die FDP bei der Unterstützung des Wahlkampfes für den Oberbürgermeister Ulli Meyer gewünscht hat“, so Andreas Gaa (FDP-Stadtratsmitglied). So konnten wichtige politische Ziele welche die FDP immer wieder verfolgt hat – bereits verwirklicht werden. Beispielsweise der Abriß des Thume-Haus an der Ecke Kohlenstraße / Josefsthaler Straße, der Abriß der maroden Tischtennishalle im Stadtpark. Auch das jetzt wieder Bewegung in die Fertigstellung der Baumwollspinnerei kommt findet die volle Unterstützung der FDP.  Was noch nicht verwirklicht wurde – ist die Erschließung des Stadtgärtnerei-Geländes zur Wohnbebauung. Wir werden den Oberbürgermeister daran erinnern, dass bei diesem Gelände kein wertvoller Wald (wie im Schmelzer Wald geplant) abgeholzt werden müsste.

meyer gaa
Prof. Dr. Ulli Meyer (CDU) und der St. Ingberter FDP-Vorsitzende Andreas Gaa.
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